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Signa Holding von René Benko meldet in Wien Insolvenz an

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Die Signa Holding ist insolvent.

©Elke Mayr/trend.at
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Die Signa Holding des Tiroler Immobilieninvestors René Benko hat am Mittwoch am Handelsgericht Wien einen Insolvenzantrag eingereicht. Nach einer Sanierung soll ein Neustart erfolgen. Die Signa-Pleite könnte zur größten Insolvenz der österreichischen Geschichte werden.

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Wien. Die Signa Holding des Tiroler Immobilieninvestors René Benko hat am Mittwoch am Handelsgericht Wien einen Insolvenzantrag eingereicht. Das teilte das Unternehmen am Mittwochvormittag [29.11.2023] in einer Aussendung mit.

Signa beantragt ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung. Ziel sei eine "geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs" und eine Restrukturierung des Unternehmens. Mit heutigem Mittwoch wurde das Sanierungsverfahren auch offiziell eröffnet.

Der Signa-Immobilen- und Warenhauskonzern war durch die hohen Zinsen und Baukosten zuletzt in Schieflage geraten. Mehrere Bauprojekte wurden in den vergangenen Tagen gestoppt.

Die Bemühungen

"Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden", hieß es in der Pressemitteilung.

Kurzfristig hätte die gesamte Signa-Gruppe Medienberichten zufolge rund 500 Mio. Euro gebraucht, um die laufenden Kosten für Löhne und Gehälter oder die noch laufenden Baustellen zu decken, sagte ein Insider. Ende November wird eine 200 Mio. Euro schwere Anleihe fällig. Bis Mitte kommenden Jahres wären weitere 1,5 Mrd. Euro nötig gewesen.

Die Gesamtverbindlichkeiten der Wiener Signa Holding liegen bei 5 Mrd. Euro. Laut Insolvenzantrag werden die Vermögenswerte von Benkos Signa Holding mit einem Buchwert von rund 2,77 Mrd. Euro bewertet. Als sogenannter Liquidationswert werden jedoch lediglich rund 314 Mio. angesetzt.

Die Signa-Pleite wäre die größte Unternehmenspleite der Geschichte Österreichs. Der Baukonzerns Alpine (2013) hatte mit 3,2 Millionen Euro Verbindlichkeiten bisher den Spitzenplatz der Unternehmenspleiten.

Gemeinsam mit dem vom Gericht zu bestellenden Insolvenzverwalter sollen nun die Verbindlichkeiten von Signa neu geordnet und der Wert der Beteiligungen erhalten werden.

Der Zinsanstieg trifft Benko doppelt, weil er die Immobilien großteils mit Krediten finanziert hat. Nach einer Studie der Investmentbank JPMorgan summierten sich die Schulden laut Nachrichtenagentur "Reuters" allein in den zwei größten - bis dato nicht insolventen - Immobilien-Töchtern Signa Prime Selection und Signa Development Selection Ende 2022 auf 13 Mrd. Euro. Davon seien 7,7 Mrd. Euro Kredite gewesen, von denen gut die Hälfte zu variablen Zinsen abgeschlossen worden seien.

Die Banken - laut Nachrichtenagentur "Reuters" international insgesamt mehr als 100 -, die Benko Geld geliehen haben, hatten sich Insidern zufolge zwar auf ein Stillhalteabkommen verständigt, wonach sie Zinsen und Tilgung bis auf Weiteres nicht fällig stellen würden. Ihnen drohen im Zuge der Insolvenz teilweise herbe Verluste - je nachdem, ob und womit ihre Kredite besichert sind.

Benkos Schulden bei der Kurz-Firma

Auf der Suche nach Investoren kontaktierte René Benko auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Die insolvente Signa Holding von Benko hat dabei noch heute Schulden bei der Firma von Kurz. Konkret stellte die SK Management 2023 nach einer erfolgreichen Investorensuche für Signa eine Rechnung in Höhe von 2,4 Mio. Euro, davon wurden aber nur 750.000 Euro beglichen, wie ein Sprecher der Kurz-Firma der APA bestätigte. Ausständig sind folglich 1,65 Mio. Euro. Zuvor hatte der "Kurier" darüber berichtet.

Die Investition eines ausländischen Investors, die Kurz' SK Management vermittelte, belief sich auf insgesamt 100 Mio. Dollar. Angesichts der Insolvenz der Signa Holding GmbH wird Signa die Schulden bei SK Management allerdings nicht mehr begleichen. Die Kurz-Firma muss die Summe als Forderung anmelden und bekommt dann wie andere Gläubiger die Insolvenzquote.

Benko galt als enge Vertrauensperson von Kurz. Während seiner Amtszeit half die türkis-blaue Regierung Benko etwa bei der Übernahme des Leiner-Hauses in der Wiener Mariahilferstraße.

Die Top-Immobilien

Zur Signa gehören milliardenschwere Gebäudebestände - unter anderem das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck, Immobilien in der Wiener Innenstadt wie das "Goldene Quartier" inklusive dem Hotel Park Hyatt (Ex-Länderbank-Zentrale), das Bank Austria Kunstforum Wien und die vom Jugendstil-Architekten Otto Wagner konzipierte Österreichische Postsparkasse sowie im Ausland etwa das Gebäude der Deutschen Börse in Eschborn, das Hotel Bauer Palazzo in Venedig, eine Hälftebeteiligung am Chrysler Building in New York, am Nobelkaufhaus Selfridges in London und dem Warenhaus Globus in der Schweiz oder der Elbtower in Hamburg, bei dem zuletzt die Bauarbeiten eingestellt werden mussten, weil Signa nach Angaben der Baufirma nicht rechtzeitig zahlte.

Zu einem Baustopp kam es kürzlich auch an der Alten Akademie in Münchner Bestlage - der dortige Oberbürgermeiste legte daraufhin umgehend sämtliche Signa-Projekte und -Planungen in der Stadt auf Eis. Stillstehende Baustellen gibt es weiters bei einer Reihe von großen Bauprojekten in Berlin und Düsseldorf.

Wie es mit der Großbaustelle Lamarr in der Wiener Mariahilfer Straße weitergeht, ist unklar. Das Edelkaufhaus sollte 2025 eröffnet werden, das Stahlbetongerippe steht. "Seitens Habau Group sind die Bauarbeiten zu 99 Prozent abgeschlossen - weitere Schritte werden aktuell evaluiert", teilte das mit dem Rohbau beauftragte Unternehmen am Mittwoch auf APA-Anfrage mit.

Der Groll gegen René Benko

Unter Investoren und Gesellschaftern steigt nach Informationen des deutschen "Spiegel" der Groll gegen den Tiroler Signa-Gründer René Benko. Erste Geldgeber würden Strafanzeigen gegen den Milliardär erwägen. Es sei "nicht verständlich, was passiert ist", sagte demnach ein Investor. Man sehe "Zeichen für eine Insolvenzverschleppung", denn die Probleme hätten sich bereits im Sommer abgezeichnet. Von Benko gab es gegenüber dem Nachrichtenmagazin keinen Kommentar.

Laut "Spiegel" droht auch jenen Gesellschaftern Ungemach, die zuletzt Immobilien von Benko erworben haben. Schlittern in Folge der Holding-Insolvenz auch die Immobilientöchter Signa Prime und Signa Development in die Insolvenz und mit ihr Unterfirmen, mit denen Verkaufsdeals geschlossen wurden, könnten Insolvenzverwalter solche Verkäufe möglicherweise rückabwickeln. "Dann sind die Käufer ihr Geld los, aber die Immobilien müssen sie wieder hergeben", heißt es demnach aus Benkos Umfeld. Sie müssten sich dann wie andere Gläubiger auch ihr Geld aus der Insolvenzmasse wiederholen.

Das Magazin verweist in diesem Zusammenhang auf den milliardenschweren Spediteur Klaus-Michael Kühne, der der Signa Development das Berliner Hochhausprojekt BEAM abgekauft hat. Die RAG Stiftung, die sich um die Abwicklung des deutschen Steinkohlebergbaus kümmern soll und wie Kühne ein Gesellschafter der Signa Prime ist, hat gerade noch von einer Prime-Tochter ein Viertel der Prunk-Shoppingmeile "Goldenes Quartier" in der Wiener Innenstadt übernommen.

Das Sanierungsverfahren

Das von Signa angestrebte Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung bedeutet, dass sich der Schuldner gegenüber seinen Gläubigern verpflichtet, eine Mindestquote von 30 Prozent zur Rückzahlung der Gesamtschuld zu erbringen. Und zwar binnen zwei Jahren ab Annahme der Sanierung.

Bei Banken hat die gesamte Signa-Gruppe Milliardenschulden offen - alleine in Österreich sind es angeblich rund 2,2 Milliarden, der größte Teil davon bei der Unicredit-Tochter Bank Austria und im Raiffeisen-Sektor. Laut Tageszeitung "Der Standard" soll das Signa-Engagement der Raiffeisen Bank International (RBI) bei rund 750 Mio. Euro liegen. Bei der kürzlich abgehaltenen außerordentlichen Hauptversammlung hatte die RBI ihr größtes Engagement im Immobilienbereich mit 755 Mio. Euro beziffert. Daneben dürften dem Zeitungsbericht zufolge auch die Raiffeisen-Landesbank Niederösterreich Wien mit 280 Mio. Euro und die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich mit 150 Mio. Euro bei der Signa engagiert sein.

Für die Bank Austria soll demnach das Signa-Exposure insgesamt 600 Mio. Euro betragen, für die Erste Group dürften es 40 bis 50 Mio. Euro sein. Auch die Hypo Vorarlberg, die mehrheitlich im Eigentum des Landes Vorarlberg steht, dürfte mit 200 Mio. Euro ein größeres Volumen bei Signa ausständig haben. In Finanzkreisen wurden die kolportierten Zahlen gegenüber der APA als plausibel eingestuft.

Wie hoch die Gesamtschulden der Signa Holding derzeit tatsächlich sind, lässt sich laut Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870) derzeit nicht beziffern. "Die Signa Gruppe besteht aus mehreren hundert Gesellschaften in verschiedenen Ländern, wobei die wechselseitigen Beteiligungen sich äußerst komplex darstellen", erklärt Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter Insolvenz beim Kreditschutzverband von 1870.

Die Signa Holding GmbH ist demnach direkt an 36 in Österreich befindlichen Kapitalgesellschaften im unterschiedlichen Ausmaß beteiligt. Insgesamt stehen laut KSV 1870 rund 390 österreichische Unternehmen in Zusammenhang mit Signa, wobei es sich großteils um Projektgesellschaften handelt.

Die Eigentümer der Signa Holding

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Die Eigentümer der Signa Holding
© KSV1870

Der Domino-Effekt

Durch die komplexen Eigentums- und Stiftungskonstruktionen sei "die mittelbare oder gegebenenfalls unmittelbare Möglichkeit der Einflussnahme auf einzelne Gesellschaften zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilbar", so der KSV.

Eine der wesentlichen Aufgaben des vom Handelsgericht Wien noch zu bestellenden Insolvenzverwalters ist nun die Prüfung der Werthaltigkeit der direkten Beteiligungen der Signa Holding GmbH.

Aufgrund der Tatsache, dass die direkten Beteiligungen der Signa Holding GmbH wieder eine Vielzahl an Beteiligungen halten, sei dies laut KSV "eine Herkulesaufgabe".

Da es in Österreich kein Konzerninsolvenzrecht gibt, bedeutet die bevorstehende Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Signa Holding GmbH nicht, dass über die Tochtergesellschaften automatisch ebenfalls Insolvenzverfahren zu eröffnen sein werden.

Bei jeder Gesellschaft gilt es separat zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegen. Hier steht auch die Geschäftsführung dieser Gesellschaften in der Pflicht, da Haftungsfolgen drohen, wenn Insolvenzanträge verspätet gestellt werden.

Die Chronologie der Signa-Schieflage

Signa-Gruppe: Der Zerfall des Immobilien- und Kaufhaus-Konzerns

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