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Putin gewinnt Präsidentschaftswahl mit 88 Prozent

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Proteste gegen Putins Herrschaft
©APA/APA/KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI
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Nach einer von Manipulationsvorwürfen begleiteten Präsidentenwahl hat Russlands Wahlkommission Kremlchef Wladimir Putin ein Rekordergebnis von vorläufig knapp 88 Prozent der Stimmen zugesprochen. Das teilte die Wahlleiterin Ella Pamfilowa am Sonntagabend nach Auszählung von fast einem Viertel der Stimmzettel mit. Damit legte der 71-jährige Putin um mehr als zehn Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl von 2018 zu. Putin selbst dankte seinen Landsleuten in einer ersten Reaktion.

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Das Team um den gestorbenen Kremlgegner Alexej Nawalny hat am letzten Tag der Präsidentenwahl in Russland von zahlreichen Protestteilnehmern gegen die Wiederwahl von Kremlchef Wladimir Putin berichtet. Nach Schließung der Wahllokale in Kaliningrad (früher Königsberg) an der Ostsee werden gegen 19.00 Uhr MEZ die Prognosen zum Ausgang der Abstimmung erwartet. Putin kann laut staatlichen Wahlforschern damit rechnen, dass er mehr als 80 Prozent der Stimmen zugesprochen bekommt.

Im äußersten Osten Russlands in Wladiwostok, in Nowosibirsk, Omsk, Irkutsk und anderen sibirischen Städten kamen zur Mittagszeit (Ortszeit) Menschen, die sich an der Aktion "Mittag gegen Putin" beteiligten, wie das Nawalny-Team in einem Live-Stream bei Youtube zeigte. In Jekaterinburg am Ural standen demnach Hunderte Menschen an einem Wahllokal an. Auch andere Putin-Gegner wie der im Exil in Großbritannien lebende russische Geschäftsmann Michail Chodorkowski riefen die Menschen auf, keine Angst zu haben und an der Aktion teilzunehmen.

Nawalnys Team beklagte massenhaften Betrug bei der Abstimmung. Es gebe auch illegalen Druck auf Wähler von Staatsbetrieben und von öffentlichen Arbeitgebern, an der Abstimmung teilzunehmen, sagte der Oppositionelle Leonid Wolkow vom Nawalny-Team. Auch die verbreitete Online-Abstimmung werde augenscheinlich manipuliert, beklagte er. Offiziellen Angaben nach lag die Wahlbeteiligung online bereits am Sonntagmorgen bei über 90 Prozent.

Die Opposition schlug den Wählern vor, die Stimmzettel etwa durch das Ankreuzen mehrerer der vier Kandidaten ungültig zu machen. Zudem gab es die Möglichkeit einen von Nawalny erdachten Zufallsgenerator auf dem Mobiltelefon zu nutzen, der einen Kandidatennamen ausgab. "Bei der Aktion "Mittag gegen Putin" können wir einander in die Augen sehen, Gleichgesinnte sehen und erleben, dass die, die gegen Putin sind, zahlreich sind. Wir haben die Mehrheit", sagte Chodorkowski in seinem Videoaufruf.

Teils hatten die Behörden in Russland vor solchen Protestaktionen gewarnt und den Menschen mit Anzeigen wegen Extremismus gedroht. Dagegen betonten die Initiatoren und Unterstützer, darunter die Witwe Julia Nawalnaja, dass jeder das Recht habe, an der Abstimmung teilzunehmen. Gezeigt wurden auch Fotos und Videos von Wahllokalen im Ausland, wo sich teils Hunderte Menschen an der Aktion gegen Putin beteiligten.

Die Rahmenbedingungen der Wahl sind nach Einschätzung unabhängiger Experten in Russland wie im Ausland weder frei noch fair: Die Opposition ist ausgeschlossen, die drei zugelassenen Gegenkandidaten gelten als kremltreu. Zahlreiche Berichte belegen, dass Druck auf die Russen und Russinnen ausgeübt wird, an der Wahl teilzunehmen. Wie mehrere russische Medien berichteten, bekamen Bürger in Moskau, deren kritische Haltung den Behörden bekannt ist, auf ihr Mobiltelefon Warnmeldungen unbekannter Absender. Sie sollten zur Wahl gehen, "aber ohne Warteschlangen", wurde ihnen nach Angaben des Portals Meduza geschrieben.

In den ersten zwei Tagen haben mehrere Menschen aus Protest Farbe in Wahlurnen gekippt, um die Stimmzettel darin ungültig zu machen. In der Stadt Jekaterinburg am Ural wurde eine Professorin an einer örtlichen Universität wegen eines solchen Versuchs festgenommen und zu 15 Tagen Arrest verurteilt. Für andere Fälle drohen höhere Strafen. Auch mehrere versuchte Brandstiftungen in Wahllokalen wurden gemeldet. Bis Samstag wurden nach Zählung der oppositionellen Zeitung "Nowaja Gaseta Europa" 15 eingeleitete Verfahren gezählt.

Manipulationen am Ergebnis befürchtet die unabhängige Wahlbeobachtungsorganisation Golos vor allem bei der Online-Abstimmung und bei den Wahlautomaten. Aus Krasnodar im Süden Russlands wurde am Samstag aber auch eine klassische Methode der Wahlfälschung gemeldet: Ein Mitglied einer Wahlkommission warf zahlreiche ausgefüllte Stimmzettel in die Urne ein.

Die Wahlen finden im größten Flächenland der Erde verteilt über elf Zeitzonen statt. Als letztes schließen am Sonntagabend um 19.00 Uhr MEZ die Wahllokale in der Ostsee-Exklave Kaliningrad. Danach sollen die angeblichen Resultate von Nachwahlbefragungen sowie erste Auszählungsergebnisse veröffentlicht werden. Die Gesamtauszählung läuft meist bis in den Montagvormittag. Ein offizielles Endergebnis soll am 28. März feststehen.

International wird besonders kritisiert, dass die Scheinwahl auch in den besetzten ukrainischen Gebieten abgehalten wird. Russland hat diese Gebiete völkerrechtswidrig annektiert. Im ostukrainischen Gebiet Donezk behauptete die Wahlbehörde, dass die Beteiligung bis Samstagabend bereits bei 86,75 Prozent gelegen habe. Die russische Opposition, darunter Julia Nawalnaja, Witwe des in Haft gestorbenen Kremlgegners Alexej Nawalny, fordert das Ausland auf, die Wiederwahl Putins nicht anzuerkennen.

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